Seealpen 1999 - 13. Juni bis 25. Juni

Der Tourbericht von Gabi - außerdem haben wir ein Roadbook hinterlegt

Planung
Ein Posting in de.rec.reisen.misc brachte nur wenige Antworten, aber ein drm`ler antwortete. Thomas Dott schickte – quasi umgehend – nicht nur sein Fotoalbum, sondern auch eine Menge nützlicher Unterlagen.
Die zunaechst völlig wirre Zusammenstellung von "wichtigen" Pässen wurde an einem regnerischen Januarsonntag (ohne GP-Übertragung) in eine erste sinnvolle Ordnung gebracht.
Die beiden Mädels hatten da so ihre Einwände, aber letztlich konnten sie nicht verhindern – trotz intensiver Bemühungen – dass einzelne Tagesetappen festgelegt wurden Dann gab es andere wichtige Dinge zu tun, z. B. Klausuren schreiben, Doktorvater suchen, nach Tunesien in Urlaub fahren...
Die Konkretisierung begann dann im April, dann wurde im Mai der Reisezug gebucht, zu spät, um noch den ganz günstigen Tarif zu erwischen. Dann die Reservierung der Pensionen bei Logis de France

Die Tour
Am Sonntag, dem 13. Juni mussten die Mädels in den Abenteuerurlaub bei Frau J., wir waren ungeduldig und fuhren viel zu früh zum Bahnhof, warteten mit ca. 15 anderen Motorradfahrern darauf, dass wir endlich unsere Moppeds aufladen durften. Das Verzurren lief einigermassen problemlos, nur Kitty hätte beinahe eine Beule im Tank gehabt. Endlich ging es um 20.30 Uhr ab Köln los. Wir teilten unser Abteil mit einem Tschobberfahrer. Er gab uns den einen oder anderen Tip, dieses Restaurant in Briancon haben wir allerdings nicht gefunden.
Die Nacht verlief unruhig, es ist halt doch recht laut. Etwas gerädert wachten wir morgens auf, schwätzten mit diesem ach so niedlichen Zugbegleiter und wollten endlich ankommen.
Ankunft dann  Montagmittag gegen 13 Uhr in Frejus, Kitty und Trixi runter vom Zug, Gepäck verzurrt und los geht’s. Kurzes Verfahren in Frejus, dann recht problemlos zum Hotel in Le Muy gefunden. Zimmer und Hotel sind älter, aber ok.
So gegen 15 Uhr machen wir uns bei strahlendem Sonnenschein auf zur Cote d’Azur. Da die Küstenstrasse von Z3, SLK und Porsche-Cabrios (soooooo viele Blondchens ;-) verstopft war, wurden die St. Tropéz-Poserfotos gecancelt und wir bogen ins Hinterland ab. Kleine Runde zum Einschwingen, warm ist es hier und so tut der Café au Lait in einem netten Dörfchen richtig gut. Gutes Essen, und Heiko versucht sich in den Tiefen der französischen Sprache, und nach kurzem hin und her stellte sich dann heraus, dass wir den Kellner richtig verstanden hatten. Das Essen ist ziemlich gut.

Am Dienstag, dem 15.Juni machen wir uns zum ersten Höhepunkt auf, dem Grand Canyon du Verdon, mit An- und Abfahrt brauchten wir den ganzen Tag, um auf den netten Strässchen unsere Runden zu drehen. Leider spielte das Wetter nicht ganz so mit, es war zwar bis nachmittags trocken, aber leider diesig und so wirkte der Canyon nicht ganz so beeindruckend. Heiko überzeugte mich, die Aussichtsrunde noch zu drehen und so liessen wir uns auch von einem Schild mit der Aufschrift "Route barré" nicht beeindrucken.
Der Rückweg war dann von einer kurzen, aber heftigen Regenschauer begleitet, bei der ich das erste Mal froh war, nicht in der Lederkombi gefahren zu sein. Dann superschöne Strassen zurück nach Le Muy.
Abends hatte ich noch Winterzeit *kicher*, die Bestellung läuft heute bedeutend problemloser, da wir ja nun über die genau einzuhaltende Reihenfolge der Speisenbestellung informiert sind. Auch heute war das Essen ziemlich gut.

Es ist Mittwoch, der 16. Juni und wir packen unsere Sachen nach dem mittlerweile gewohnt umfangreichen französischen Frühstück ;-). Wunderschöne Fahrt bei klasse Wetter durch den Gorges de Dalius nach Guillaumes über einen Teil der Route Napoléon. Einzig ein FastWheelie unter einer Leiter in Bargemon brachte mich nahe an einen Nervenzusammenbruch und einem FastAntrag für eine rrr-Nr. (gibbet die eigentlich auch ehrenhalber?). Wir beziehen unser ziemlich kleines Zimmer in Guillaumes und warten darauf, dass der ergiebige Landregen, der gerade runterkommt, aufhört. Schliesslich ignorieren wir ihn und fahren los durch den Gorges du Cians (noch ziemlich feucht) und zurück durch den den Gorges de Dalius (schon zu dunkel zum fotographieren), weils so schön war. Abendessen im Hotel: eher mässig, dafür haben Kitty und Trixi eine Garage.

Am Donnstag weckt uns Sonnenschein und der Tag fängt wunderschön an. Es folgen die ersten hohen Pässe: Col de la Cayolle, Col d’Allos, Col des Champs. Die Auffahrt zum Col de la Cayolle ist nur schwer zu toppen, vor allem das Morgenlicht und der nicht vorhandene Verkehr tun ihr übriges. Oben erwarten uns mehrere Fahrradfahrer im "Höhentrainingslager", die sich begeistert um Kitty scharen, dann ihre Räder vom Markierungsstein wegräumen und uns fotografieren.
In Barcelonette treffen wir das erste Mal auf die Tour Napoléon (eine ziemlich professionell aufgezogener Berglauf), trinken was und machen uns ob des Trubels schnell wieder auf den Weg. Die Fahrt zum und der Col d’Allos ist nett. Wir treffen zwei andere Moppedler, von denen mir der eine entgegenschmettert: "Trinke nie mit Kölnern!" Auch schön ;-)!

Käffken in Colmars, noch ist alles in Butter, ich bin gut gelaunt, und freu mich über die vielen Spitzkehren, die ich zunehmend besser gemeistert habe. Übermut tut selten gut Weiter geht’s, ich hatte im Denzel den Col des Champs als HighLight ausgegraben und so machen wir uns auf. Plötzlich, Heiko biegt scharf nach rechts in eine "Hofeinfahrt" ein, ich wundere mich - wen will er denn hier besuchen – und sehe mich mit Spitzkehren konfrontiert, die absolut gemein und mies sind, vor allem, wenn frau nicht bei der Sache ist. Und so passiert’s: Kehre zu weit innen und zu früh angefahren, Wand fixiert, statt den Kopf nach oben zur Strasse zu nehmen - Mist, das reicht nicht – Kitty aufgerichtet und dann bei 0 km/h langsam auf die Seite gelegt (Schäden: Kratzer an Verkleidung, und Spiegel rechts abgebrochen, liess sich tapen). Die Beulen auf meiner Bikerseele sind immer noch nicht verheilt! Aber ich muss ja weiter und erwarte nun hinter jeder noch so harmlosen Biegung eine heimtückisch auftauchende Spitzkehre! Allerdings muss ich zugeben, der Col des Champs lohnt sich wirklich. Ich eiere zurück und lecke meine Wunden und ertränke später meinen Frust im Pastis.
Heiko fährt nochmal in den Gorges de Dalius, um zu fotografieren. Der Rest des Abends ist gedämpfte Stimmung!

Am Freitag, dem 18. Juni ignoriere ich tapfer meine weichen Knie und wir fahren von Guillaumes über Beuil dann die besonders empfehlenswerte D30 nach St. Sauveur-s-Tinée. In St. Etienne-de-Tinée erheitert uns der Wirt mit Geschichten über seine Cat, dieselbe Lackierung und überhaupt. Wir suchen eine Tanke mit bleifreien Benzin, eine etwas schwierige Aktion.
Auffahrt zum Col de la Bonette, unser schönster Pass. Hier treffen wir den einen oder anderen Moppedfahrer (eine besonders nette Paarung: er R6, sie GPZ500S), es ist recht windig und kühl, aber sowohl die Auffahrt wie auch die Abfahrt begeistern uns.
Weiter über den Col de Vars (völlig unspektakulär) zum d’Izord (am besten ist das Casse Déserte). Kurz hinter der Passhöhe: "Route barré", wir wundern uns, aber fahren weiter. Uns erwartet eine etwa 500m lange Baustelle im unangenehmen Schotter. Diesmal rettet Heiko Kitty vor nicht bestimmungsgemässen Bodenkontakt.
Weiter über Briancon und den Col du Lautaret (Rennstrecke) gings zum Etappenziel Le Bourg-d’Oisans. Hier haben wir uns ein wunderschoenes Hotel, mitten im Ort ausgesucht: nett und empfehlenswert! Die Moppeds kriegen einen Hofparkplatz und sind somit von der Strasse. Wir schlagen uns den Magen mit einem guten Menue voll und fallen ziemlich müde ins Bettchen.


Auf besonderen Wunsch einer einzelnen Dame: der Samstag führte uns über Grenoble ins Vercor, allein die Fahrt auf Grenoble faszinierte, wegen der hohen Berge drumherum. Man sollte sich diesen Abstecher auf jeden Fall gönnen, auch wenn es etwas abseits der üblichen Route liegt. Besondere HighLights: Gorges de la Bourne und das Combe Laval. Viele Pausen, geniales Wetter und verhältnismässig viel Verkehr kennzeichnen diesen Tag. Die Rückfahrt war dann eher langweilig, nur die Suche nach einem geeigneten Fotoplatz und der verzweifelte Versuch, Rasern ;-))) auszuweichen sorgte kurzfristig für Ablenkung. Kurzer Spaziergang durch Bourg-d’Oisans. Ein Blick auf die Karte und das nette Hotel überzeugen: wir hängen einen Tag dran.

Am Sonntag sind wieder Pässe angesagt: von Le Bourg d’Oisans gings an zwei Stauseen vorbei zum Col de la Croix de Fer, dann durch diverse zu dieser Jahreszeit trostlos wirkenden Skidörfer (unglaublich hässliche Architektur: verrostete Wellblechdächer!) über den Col du Télégraph und den Col du Galibier zurück nach Le Bourg d’Oisans. Mittlerweile sind wir so "pässegesättigt", dass wir kurz anhalten: "Ja nett." "Foto?" "Muss nicht sein, da haben wir schon so viele von."
Kartenschreiben ist angesagt und mit dem einen oder anderen Bier/Pastis geht das doch recht locker von der Hand.

Im strömenden Regen geht’s am Montag, den 21. Juni über den Col du Lautaret nach Briancon, der Regen liess später nach. Unterwegs kurzer Schwatz mit anderem Moppedler: er wartete auf seinen Kumpel (der zog sich die Kombi an und aus), ich warte auf Heiko (der zieht die Regenkombi an) am Col du Lautaret. Es klart auf und durch Italien (Cesana, Oulx, Susa) ging es zum Col du St. Mont-Cenis wieder nach Frankreich. Extreme Windböen versetzen mich in Angst und Schrecken. Wenn ich gekonnt hätte, hätte ich Kitty abgestellt und ... ja genau das war das Problem, was hätte ich tun sollen?! Also weiter, weiter, nur nicht umkippen, alles verkrampft. Am St. Mont-Cenis wollen wir was essen, aber nix da, kein Essen für arme völlig verängstigte kleine Mädchen.
Bevor wir als letztes HighLight den Col de l’Iseran in Angriff nehmen, erbarmt sich ein ziemlich ansehnlicher Wirt in Bessans unserer und stärkt uns mit Salat, Crepes, Cola und Kaffee. Zwischen Cola und Kaffee wird mit einem Radler der Wetterbericht ausgetauscht. Böiger Wind und leichter Schneefall liessen uns auf ein Beweisfoto am Col d'Iseran verzichten, nichtsdestotrotz war es eine nette Strecke.
In Séez wurden wir nach weiteren 30 verfrorenen km von einer netten Pensions-Omi als einzige Gäste lieb verpflegt.

Der Dienstag beginnt mit dem direkter Aufstieg auf den kleinen St. Bernhard. Ziemlich kalt hier, aber wegen der Klarheit der Luft wunderschön. Durchs Aosta-Tal und über den grossen St. Bernhard (sehr beeindruckend) fahren wir ins Wallis in die Schweiz. Hier essen wir für sagenhafte 25 Franken zwei Mikrowellen-Hamburger und trinken zwei Cola. Ups!
Heikos Geheimtip Pas du Lein stellte sich als zunächst asphaltierter, im weiteren Verlauf geschotterter Feldweg heraus. Ich gebe es ja nicht gerne zu, aber es lohnt sich ;-).
Die anschliessende Abfahrt durch Weinberge mit fantastischen Blicken ins Rhonetal waren genial, nur Heikos Bekanntschaft mit den Fahrbahnmakierungen (rutschendes Vorderrad) beschehrten ihm hier einen Adrenalinstoss. Fahrt durch das Rhonetal bis Ulrichen, wo wir nach einigem Suchen ein reizendes Hotel fanden (Hotel Nufenen), dass zwar nicht gerade billig ist, aber Biker sind SEHR gern gesehen, die Zimmer sind klasse, die Lage genial und das Essen ein Gedicht! Empfehlung der Tour!!!!

Wie der Rest der im Hotel wohnenden Biker: banger Blick gen Himmel – Erleichterung: blau! Bange Frage an die Wirtin: Furka, Grimsel, Susten? Offen? – Furka: offen, Grimsel: im laufe des Tages, Susten: geschlossen. Dies verhindert die VierPässeTour und wir entscheiden uns am Mittwoch, den 23. Juni für Furka, alten St. Gotthard, Lukmanierpass, Oberalppass, Andermatt, Furka zum zweiten. Nette Tour, aber bei mir macht sich "Müdigkeit" breit. Also fährt Heiko den Grimsel allein hoch und runter und lässt mich tatsächlich alleine nach Ulrichen zurückfahren (natürlich nicht ohne Ermahnungen und gute Ratschläge ;-).

Alles geht zuende: also machen wir uns – wieder bei strahlendem Sonnenschein – auf den Heimweg. Beim dritten Mal geht der FurkaPass quasi von allein, die Schöllenenschlucht zeichnet sich durch völlig idiotisch fahrende Autos aus (hier hätte so ein Spinner Heiko fast abgeschossen!), und am Klausenpass liegt ne Menge Neuschnee und es wird viel Strassenbau betrieben. Ich stelle Kitty extra in Fahrtrichtung ab, um nicht rangieren zu müssen ... und was ist?! Ein Kölner SRXFahrer stellt sich genau vor Kitty und stand dann grienend rum, als ich mich mühte da raus zu kommen. Heiko grient in meinem Rücken und ich weiss: die Fussbremse könnte helfen, aber ich will nicht, es geht auch so! Weiter geht’s über eher langweilige Strecken nach Romanshorn am Bodensee. In 40 Minuten kommt die Fähre, wir setzen über und sind wieder in Deutschland. Wir fahren zügig bis Trochtelfingen und suchen dort das Albquell-Brauhaus und werden nach kurzem Suchen auch fündig. Nette Zimmer, gutes Essen zu annehmbaren Preisen und wir fallen ins Bett.

Letzter Tag, heute abend, Freitag 25. Juni nächtigen wir wieder in Köln. Auf besonderen Wunsch: die Schwarzwaldtälerstrasse. Weiter durch die Pfalz (kurze Rast Johanniskreuz) und dann das letzte Stück BAB 61.

Fazit
Wunderschöne Tour bei genialem Wetter, reifenfressend, genialer Asphalt, entgegen der vielgeäusserten Meinung haben wir nur gute Erfahrungen mit Franzosen gemacht: sie waren alle nett, hilfsbereit und versuchten, mit unserem Gestotter klarzukommen ;-).
An der Küste war es fast zu warm, je weiter nördlich wir kamen, desto froher war ich über meine gefütterte Textiljacke. Spitzkehren kommen nicht einfach aus dem nichts und eigentlich!!!! ist es ganz einfach, sie zu fahren.
Gesamte km: 3300 km -> weiter zum Roadbook