Alpen-Testride mit dem ActionTeam

Die Idee fand ich nett: 4 Tage Alpen (besser: Alpenvorland) auf 10 geliehenen Motorräder. Die Überlegung war, sich einen genaueren Eindruck von den Maschinen bilden zu können, als es eine halbe Stunde auf einem Vorführer vom Händler ermöglicht.
Da der 2-Zylinder Anteil hoch war und mich 3 der Geräte sehr ernsthaft interessieren, wurde also die Anmeldung weggefaxt.

Der Donnerstag-vormittag beginnt mit einem kurzen Rundgang durch die Redaktion, mittags dann Fahrt durch den Schwarzwald bis kurz vor den Bodensee. Am Freitag würde eine Schleife durch die Schweiz (Appenzeller Land) und Österreich (Furkajoch) zum Oberjoch folgen. Samstag Hahntennjoch, Kühtaisattel, Leutaschtal, Ammersattel / Plansee zurück zum Oberjoch; schließlich am Sonntag durch`s Allgäu und das Donautal nach Stuttgart.
Die Teilnehmer sind bunt gemischt vom Tourenfahrer, der sonst eine AfricaTwin bewegt bis zu Leuten, die Rundstrecken- oder Rallyeerfahrung haben (Transdanubia und Tunesien-Rallye auf LC8).

Die Motorräder:
nicht gefahren bin ich TDM (für mich persönlich uninteressant) und R1200GS. Von der hatte ich letztes Jahr einen Versuchsträger; das Teil funktioniert klasse, aber ich wusste danach, daß ich sie mir für die Strasse trotzdem nicht zulegen werde.

Gestartet bin ich - tärää - auf der KTM Superduke. Ein gutes Zeichen, daß sie mir als Patenmopped zugeteilt wurde, d.h. Fahrtenbuch schreiben, nach Kettenspannung und Öl schauen etc.
Was für ein scheiß geiler Eimer! Unter den mitfahrenden Maschinen definitiv das Motorrad mit dem besten Sound. Man muß sich schon wundern, wie die Mattighoffener dafür die Zulassung gekriegt haben. Extrem angriffslustige Sitzposition , sehr knackige Bremse (zwei Finger sind mehr als genug), ein unglaublich spritziger Motor und wirklich schöne Details (z.B. Magura-Armaturen und Renthal-Lenker aber auch ein Flaschenöffner im Bordwerkzeug...). Mit dem Gerät gibt es keine anderen Verkehrsteilnehmer mehr, sondern nur noch Gegner...na ja, eigentlich auch wieder nicht, weil mit dem Twin nagelst du eh alles andere in den Boden. Für Odenwald & Spessart ein sehr schönes fahraktives Teil. Allerdings auf rutschigem nassen, Untergrund wegen des giftigen Motors nicht ganz einfach, wie ein Teilnehmer am nassen Hahntennjoch erfahren durfte.

Danach gab es dann Hausmannskost: SV 650. Das war insofern schade, als das die kleine Suzi "eigentlich" ein richtig gutes Motorrad ist. Neutrales Fahrwerk, drehfreudiger Motor und vernünftige Bremsen. Aber beim direkten Umstieg von der KTM halt eine Luftpumpe. Nicht gefallen hat mir die Sitzposition, da ist man ein bißchen zu sehr in sich zusammengesackt. Im Vergleich zur SV ist das andere Einsteigermotorrad - Honda CBF 600 (zwar erst am Sonntag gefahren, aber passt gerade so schön zur Suzi) - etwas erwachsener und kompletter ausgestattet. Der kleine 600er ist im Vergleich zur SV aber nochmal langweiliger, weil man das Gefühl hat, das Teil nur noch auswringen zu müssen, damit es vorwärts geht.
Insgesamt sind die "Einsteigermaschinen" aber mittlerweile schon auf einem hohen Niveau angelangt, kein Vergleich mehr zu GPZ500S oder "alter" 6er Bandit

Freitagmorgen Start auf dem Sporttourer Triumph Sprint. Der 3-Zylinder läuft mittlerweile sehr sanft - kein Vergleich zur SpeedTriple, die 2001 einmal über`s Wochenende mitnehmen durfte - mit einem kernigen Ton und nettem Gebrabbel beim Gaswegnehmen aus dem Underseat-Auspuff. Einmal in Bewegung merkt man die Masse nicht mehr, allerdings ist das Teil frontlastig und schiebt immer über das Vorderrad. Solange es flüssig vorwärts geht, ist "Speedcruising" angesagt, enges Stop&Go mag sie nicht, da wegen des Untersteuerns auch noch heftiges Aufstellmoment dazukommt.

Danach die erste von drei Runden Buell XB9SX CityX: lustig die Enduro-Handprotektoren und der Scheinwerfergrill an einem Strassenmotorrad.
Die XB9 als R-Version mit Stummellenker kannte ich schon, mit dem Rohrlenker gewinnt das Teil deutlich: man hat das Gefühl, direkt auf dem Lenkkopf zu sitzen und muß sich nicht so über den Tank zu den Stummeln beugen wie bei der R. Der Motor ist mittlerweile richtig elastisch; will zwar wie alle Twins minimum 3000\min haben, dreht aber auch bis 7k\min - das kannte ich von der 9R noch anders - und ist dabei schön elastisch. Anlassen immer noch ein Wucht: kawusch, kawusch ("mit dem Anlasser werden anderswo Roller angetrieben...") - klonk ("ah, Anlasser eingerückt") - rabautz, rabautz ("zünden tut er auch").
Unter Zug gehalten manierliches Einlenken, allerdings will die Buell dann mit Kraft weiter gedrückt werden. Reinbremsen in Kurven geht immer noch genau gerade gar nicht - "freies" Fahren das Furkajoch hoch war allerdings sehr unterhaltsam. Für`s Nasse einerseits ein dankbares Gerät, weil es im ersten Moment sehr leicht wirkt, danach aber durch den Kraftaufwand beim weiteren Runterdrücken Überwindung kostet. Und beim Runterschalten steht man im Nassen vor jeder Kurve quer. Weiterhin das Mopped mit dem höchsten Auffälligkeitsfaktor (ja, man wird von Blondinen an der Tanke angesprochen).

Auf der Paßhöhe des Furkajochs steige ich dann auf die Aprilia Mille Tuono; mein persönlicher Favorit, da ich die Standard-Mille schon einmal gefahren bin und von dem Motorrad insgesamt sehr angetan war. *Seufz* - wenn dieser abgebrochene Streetfighter-Look von der Seite nicht wäre. Das überarbeitete 06er-Modell hat dahingehend optisch dazugewonnen, wenngleich mir persönlich die neue kleinere Frontmaske nicht so sehr gefällt.
Wie dem auch sei, die 05er Tuono ist ein ausgewogenes und schnelles Motorrad: neutral, Druck, gute Bremsen, ein bißchen fett verglichen zur Superduke, aber irgendwie auch kompletter. Mit der Aprilia muß man nicht immer voll angasen, sondern kann einfach auch mal "bummeln". Und wenn man es fliegen lässt - war das geil am Riedbergpaß - geht es mächtig vorwärts. Bis auf dieses häßliche RS250-Cockpit (wieder ein Vorteil für die 06er-Tuono...) optisch eine Augenweide (silber mit roten Rädern und die Nähte an der Sitzbank auch in rot abgesteppt - lecker, lecker). Für mich auf der Landstraße verglichen zur Standardmille wegen des Superbikelenkers klar im Vorteil und auch weiterhin mein "favourite".

Direttamente zur nächsten Italienerin: Ducati Multistrada 1000. Irgendwie ist das Teil ja nicht wirklich hübsch, wenn man draufsitzt, allerdings war ich auf die Duc sehr gespannt. Der große 2-Ventiler ist ein extrem seidiger Antrieb mit absolut ausreichend Druck; geringe Bedienkräfte von Kupplung und Bremse haben mich echt überrascht.
Die Multistrada ist sehr handlich zu fahren, trotz des enduromäßigen Eindrucks mit den langen Federwegen ergibt sich ein sehr sattes Fahrgefühl, manchmal vielleicht schon ein Tick zu störrisch für meinen Geschmack. Gestört haben mich die Kröpfung des Lenkers (zu gerade) und dieser Verhau um das Cockpit - sorry, da krieg ich Augenkrebs. Außerdem ist dieses mitschwenkende Verkleidungsoberteil echt labberig, das vibriert praktisch immer. Das Heck mit den hochgelegten Auspufftöpfen wirkt viel wertiger, insgesamt ist es am schönsten, schräg hinter der Duc zu fahren und die Einarmschwinge anzusabbern ;-)

Am Sonntag bin ich neben der bereits erwähnten CBF die Kawa Z750S gefahren. Das Mopped kenne ich gut, da Gabi die Standard-Z ihr Eigen nennt und von daher war das ein entspanntes Ausklingen der Veranstaltung. Bessere Sitzposition als auf der CBF und der Motor hat mehr Druck. Ab Mittag kam der große Regen und ich war dankbar für die Kawa: Großer Gang und gut ist; da zuckt nichts, da hat man ordentlich Rückmeldung, da muß man sich nicht groß auf irgendwelche Eigenheiten einstellen - das Ding funktioniert einfach gut.

Fazit: nette Veranstaltung mit einer guten Mischung an Leuten. Prima Tourguide, der es zwischendurch hat krachen lassen, so daß die Maschinen artgerecht bewegt werden konnten.
Ich persönlich fand es angenehm, die Motorräder auch mal länger als eine halbe Stunde fahren zu können. Sollte es 2006 so etwas wieder geben, würde ich es bei der entsprechenden Auswahl an Maschinen höchstwahrscheinlich auch wieder machen.